
Die Entdeckung der Liposomen und der liposomalen Wirkung
Liposomen sind kleine Bläschen, die eine wässrige Phase in einer Doppellipidschicht einschließenk. Das Besondere ist, dass sie amphiphil sind. Sie sind also sowohl hydrophil, also wasserliebend, als auch lipophil, also fettliebend. Dadurch weisen Liposomen ganz spezielle biophysikalische Eigenschaften auf, die sich in der Medizin und auch bei Nahrungsergänzungsmitteln nutzen lassen.
Zu den Forschungen mit dem Elektronenmikroskop gehörten auch verschiedene Versuche mit hydrophilen und phospholipiden Stoffen.
Wann wurden Liposomen entdeckt?
Liposomen, deren Funktionen und die liposomalen Eigenschaften wurden vergleichsweise spät entdeckt. Zum ersten Mal beschrieb sie eine Arbeitsgruppe um den britischen Hämatologen Dr. Alec Douglas Bangham im Jahr 1964 im Journal of Molecular Biology.
Dr. Bangham forschte am Babraham Institute in Großbritannien und nannte die Liposomen zunächst „multilamellar smectic mesophases“. Die heutige Bezeichnung „Liposom“ geht auf Gerald Weissmann zurück. Er forschte an der New York University School of Medicine und beschäftigte sich ab Mitte der 1960er-Jahre mit dem Thema. Er besuchte Dr. Bangham in dessen Labor, als dieser an den Liposomen forschte.
Zu dem Zeitpunkt entschied Weissmann, dass eine kürzere und bessere Beschreibung für die Vesikel erforderlich ist. Der gewählte Name leitet sich aus dem Griechischen ab. Dort steht „lipos“ für Fett und „soma“ für Körper. Damit war die Bezeichnung für die Liposomen geboren.
Die frühe Phase der Entdeckung und der Forschung von Bangham und Weissmann sind im FASEB Journal ausführlich beschrieben.[1]
Die erste Entdeckung von Liposomen
Im Jahr 1961 erhielt das Babraham Institute ein neues und leistungsstarkes Elektronenmikroskop. Das Institut zählt zu den renommierten Forschungseinrichtungen für Biowissenschaften. Dr. Bangham war zusammen mit Robert Horne zu Beginn der 1960er-Jahre am Institut aktiv.

Im Zuge dieser Forschung fügten Bangham und Horne bereits 1961 Lecithin zu Wasser hinzu. Lecithin zählt zu den phospholipiden Stoffen, es handelt sich also um eine Variante der Lipide. Mit dem Elektronenmikroskop beobachteten die Forscher, dass es sich um Fettbläschen mit einer Hülle aus zwei Schichten von Fetten handelte. Der Inhalt des Liposoms ist somit von der Außenwelt isoliert und wird durch die Doppelfettschicht geschützt.
Die Beobachtungen dieses Versuchs sowie das unerwartete Verhalten führten dazu, dass sich Dr. Bangham eingehender mit dem Thema beschäftigte. So begann der Weg, der in der Entdeckung des molekularen Aufbaus der Lipide sowie der wissenschaftlichen Veröffentlichung im Journal of Molecular Biology mündete.
Weitere Forschung und die liposomale Wirkung
Ab 1965 intensivierten Dr. Bangham und sein Team die Forschung rund um Lipide. Dabei fokussierten sich die Studien auf das besondere Verhalten und die liposomalen Eigenschaften. So fanden die Forscher bereits früher heraus, dass die Vesikel dank der Lipiddoppelschichten die Konzentration von Ionen im Inneren stabil halten können. Das gilt zum Beispiel für Kalium oder Natrium im Kern des Liposoms.
Weiterhin beobachteten die Forscher, dass natürliche und synthetische Detergenzien die Lipiddoppelschicht stören können. Daraus schlussfolgerten Dr. Bangham und seine Mitarbeitenden, dass die Doppelschichten der Lipide als Membran agieren.
Was sind die Vorteile der liposomalen Wirkung, und welche Einsatzmöglichkeiten gibt es?
Bei der Forschung entdeckte Dr. Bangham die interessanten Eigenschaften von Liposomen. Dazu zählt in erster Linie der Schutz von Wirkstoffen, die im Liposom integriert sind. Die Forschung fand so heraus, dass die Zellmembran der Liposomen vergleichbar mit menschlichen Zellen ist. Das sorgt dafür, dass der Magen die Liposomen nicht zersetzt. Dank dieser Eigenschaft erhöht sich die Bioverfügbarkeit eines Wirkstoffs potenziell – besonders dann, wenn er unter normalen Umständen nicht effektiv in den menschlichen Körper gelangt.
Die Forschung fand heraus, dass Wirkstoffe im Liposom so den Prozess in der Magensäure überstehen und durch die Darmwand direkt in die Zellen gelangen können. Wird ein Wirkstoff in einem Liposom eingeschlossen, dann wird von einer liposomalen Formulierung gesprochen. Die liposomale Formulierung von Arzneistoffen ist somit eine Methode, mit der sich die Medizin die Funktionsweise zunutze macht.
In einer Studie wurde die Wirkung von liposomalem Curcumin untersucht.[2] Curcumin hat aufgrund seiner Hydrophobizität eine sehr niedrige Bioverfügbarkeit. Das bedeutet, dass die Dosierung schwer ist, da nur ein geringer Teil des verabreichten Wirkstoffs an den gewünschten Punkt gelangt. Dementsprechend ist auch die Wirkung solcher Arzneistoffe reduziert. Es zeigte sich, dass liposomales Curcumin deutlich effektiver ist.
2009 wurde die Bioverfügbarkeit von Curcumin bei der oralen Aufnahme in unterschiedlichen Varianten untersucht – darunter das Einhüllen in ein Liposom.[3] Dabei zeigte sich, dass in Verbindung mit einer liposomalen Formulierung die Bioverfügbarkeit um einen Faktor von neun höher lag als bei normaler oraler Aufnahme.

Forschung und Entwicklung von liposomalen Produkten
In den Jahren nach der Entdeckung der Liposomen und ihrer biophysikalischen Eigenschaften begann die weitere Forschung am sinnvollen Einsatz dieser Vesikel. Für die Medizin war dieses Konzept vielversprechend.
Auf diesem Weg wurde an der Einschlussimmobilisierung geforscht. Dabei werden Wirkstoffe in einem Liposom integriert und so geschützt. Mit dieser Methode lässt sich ein solcher Wirkstoff gezielt an den Ort im Körper transportieren, an dem er einen hohen Wirkungsgrad erzielt. Diese Technik wird auch als Drug Targeting oder Smart Drug Delivery bezeichnet. Liposomen helfen dabei, den Wirkstoff vor einer ungewollten Metabolisierung zu schützen.
Mit dieser Idee begann die Forschung und Entwicklung von verschiedenen Techniken. Abhängig von der Art des Wirkstoffs wurden verschiedene Methoden entwickelt. So entstand die Grundlage für die zahlreichen liposomalen Produkte, die es heute auf dem Markt gibt. Bei hydrophilen Arzneistoffen erfolgt so die Unterbringung im Inneren des Liposoms. Für lipophile Arzneistoffe, die also in Fett löslich sind, wurde eine Technik für die Einbettung in der Membran des Liposoms erforscht. Bei den amphiphilen Arzneistoffen fanden Forscher eine Technik, mit der sich der Wirkstoff direkt an der Grenzfläche des Liposoms platzieren lässt, wo die Innenseite der Membran auf die wässrige Phase trifft.
Produkte mit liposomaler Wirkung kamen dann ab den 1990er-Jahren auf den Markt. Zu den ersten dieser Produkte zählte Ambisome, ein Mittel gegen Pilzinfektionen. Im Jahr 1995 folgte ein Krebsmedikament mit der Bezeichnung Doxil. Später ging die Entwicklung weiter, und die Pharmazeutik entwickelte komplexere Drug-Delivery-Technologien auf Basis von Liposomen. So wurde der zusätzliche Schutz der Liposomen durch eine polymere Schicht erforscht. Diese Technik kommt inzwischen erfolgreich zum Einsatz – primär in Verbindung mit Polyethylenglykol als Schutzschicht. In einer Studie aus dem Jahr 2016 wurde die verbesserte Bioverfügbarkeit beim Einsatz von Liposomen als orale Drug-Delivery-Technologie in Verbindung mit Polymeren untersucht und nachgewiesen.[4]
Ebenfalls ist es inzwischen möglich, Plasmide, also doppelsträngige DNA-Moleküle, in einem Liposom einzuschließen. Damit gelingt der Transport direkt in eine Zelle. Mit anderen Drug-Delivery-Technologien ist dies nur schwer oder gar nicht möglich. Auf diesen Weg wird es möglich sein, bestimmte Krankheiten direkt in den Zellen effizienter zu bekämpfen. In diesem Bereich der Drug-Delivery-Technologien ist die Forschung noch im Anfangsstadium. DNA-Therapien sind somit ein weiterer Bereich, in dem die liposomale Wirkung in Zukunft zum Vorteil genutzt werden kann.
Weitere Einsatzbereiche von liposomalen Produkten
Die Forschung verlegte sich dann auch auf andere Einsatzmöglichkeiten abseits von Arzneistoffen. Besonders im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel sowie der Kosmetik zeigte sich, dass es sinnvolle Optionen für diese Biotechnologie gibt. Auch hier sind es wieder die besonderen Eigenschaften der Liposomen, die sich zum Vorteil nutzen lassen.
Bei Nahrungsergänzungsmitteln ist das Verfahren aus zwei Gründen interessant und bietet klare Vorteile. Zum einen lassen sich Wirkstoffe einfacher bereitstellen. So ist die Einnahme oral in flüssiger Form oder auch als Kapsel möglich. Zum anderen steigert die liposomale Formulierung auch bei vielen Nahrungsergänzungsmitteln die Bioverfügbarkeit deutlich. Das führt dann zu einer höheren Aufnahme der Nährstoffe und Vitamine, sodass sich eine bessere Bioverfügbarkeit erzielen lässt.
Am Beispiel von Vitamin C wird dies deutlich. Ascorbinsäure, also Vitamin C, ist sehr gut wasserlöslich. Das ist ein Problem, wenn das Vitamin oral verabreicht wird, denn es gelangt nur zu einem geringen Teil in den Blutkreislauf. Geschützt in einem Liposom, steigt die Menge an Vitamin C, die im Blut zirkuliert, hingegen an. Dies wurde in einer Humanstudie zur Bioverfügbarkeit von Vitamin C untersucht und nachgewiesen.[5] Durch diese Eigenschaft verbessert die liposomale Formulierung die Bioverfügbarkeit von Nahrungsergänzungsmitteln und Vitaminen. Aus diesem Grund bringt die Forschung verstärkt auch liposomale Produkte in diesem Bereich auf den Markt.
Quellen:
[1] https://www.researchgate.net/publication/43354751_From_Banghasomes_to_liposomes_A_memoir_of_Alec_Bangham_1921-2010
[2] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28860764/
[3] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19491009/
[4] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30766776/
[5] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4915787/
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