
Aufbau und Eigenschaften von Liposomen
Die Liposomen wurden vergleichsweise spät von der Forschung entdeckt. Erst Mitte der 1960er-Jahre lösten Wissenschaftler das Rätsel um diese Vesikel und entdeckten die Vorteile der liposomalen Formulierung. Durch die Nutzung dieses besonderen Aufbaus und der Eigenschaften hat die Biotechnologie effektive Drug-Delivery-Lösungen entwickelt. Nach diesem Konzept funktionieren auch liposomale Nahrungsergänzungsmittel. Eine zentrale Rolle spielen dabei der Aufbau und die daraus resultierenden Eigenschaften der Liposomen.
Wie ist ein Liposom aufgebaut?
Bei Liposomen handelt es sich um kleine Bläschen, die unter anderem aus Fettmolekülen bestehen. Daher stammt auch der Name, denn das griechische Wort „lipo“ steht für „Fett“ und „soma“ für „Körper“. Sie zählen zur Klasse der Vesikel, es sind also kleine, runde Blasen mit einer doppelten Membran. Der Durchmesser liegt üblicherweise in einem Bereich zwischen 25 Nano- und 100 Mikrometern.
Liposomen sind durch die besondere Kombination aus einem Glycerol-Molekül, zwei Fettsäuren sowie einem Molekül Phosphorsäure gekennzeichnet. Dabei sind die Fettmoleküle in den allermeisten Fällen an der Außenseite des Vesikels angeordnet. Eine weitere Besonderheit von Liposomen ist die Doppelmembran. Neben der Membran an der Außenseite des Vesikels gibt es noch eine weitere im Innenbereich. Auch hier sind die Fettmoleküle außen angeordnet. Dadurch besitzen die Liposomen eine vollständige Lipidhülle. So entsteht außerdem ein geschützter Innenbereich im Liposom, der von der Außenwelt abgekapselt ist.
Die Membran von Liposomen weist noch weitere besondere Eigenschaften auf. So gehören Liposomen zur Kategorie der amphiphilen Moleküle. Das bedeutet, dass sie sowohl einen unpolaren als auch einen polaren Teil besitzen. Diese Eigenschaft stammt aus der Kombination von Fettsäuren und Glycerol sowie Phosphorsäure. Die Moleküle besitzen ganz unterschiedliche Eigenschaften, was die Reaktion mit Wasser beziehungsweise Fetten betrifft. So sind Liposomen einerseits lipophil, also fettliebend. Andererseits sind sie hydrophil, also wasserliebend.
Welche Formen von Liposomen gibt es?
Es existieren unterschiedliche Arten von Liposomen. Sie werden anhand des Aufbaus der Membran sowie der Größe in mehrere Klassen kategorisiert. Auf Basis von Form und Größe erfolgt so eine Unterscheidung in diese vier Arten:
• Small Unilamellar Vesicles (SUV): Durchmesser von 20 bis 100 Nanometern
• Large Unilamellar Vesicles (LUV): Durchmesser von mehr als 100 Nanometern
• Multilamellar Vesicles (MLV): verfügen über mehrere Membranen, Durchmesser von 100 bis 1.000 Nanometern
• Multivesicular Vesicles (MVV): Kombination von mehreren Liposomen, Durchmesser von über 100 Nanometern
Die beste Effizienz bei der Verkapselung von Fremdstoffen zeigen die Multilamellar Vesicles (MLV). Durch mehrere Schichten von Membranen aus Doppellipiden sind die Stoffe im Inneren besonders gut geschützt. Es dauert somit länger, bis sich die MLV in einem Emulgator auflösen. Ihr Aufbau ist gut mit dem einer Zwiebel vergleichbar, wo mehrere gleichförmige Schichten umeinander liegen.
Welche Rolle spielen Phospholipide?
Beim Aufbau der Liposomen spielen die Phospholipide eine bedeutende Rolle. Sie sind auch für die besonderen Eigenschaften dieser Vesikel verantwortlich. Die Phospholipide zählen zur Klasse der polaren Lipide. Somit sind sie hydrophobe und größtenteils wasserunlösliche Stoffe auf Basis von Fetten. Zudem besitzen Phospholipide einen Kopf, der hydrophil ist, und zwei wasserabweisende, also hydrophobe, Kohlenstoffenden an der anderen Seite.
Die Phospholipide entstehen durch eine Esterbindung mit Phosphorsäure. Es gibt zwei Gruppen von Phospholipiden. Zum einen sind dies Phospholipide, die Glycerin als Gerüst nutzen. Sie werden auch als Glycerophospholipid bezeichnet. Zum anderen gibt es phosphorhaltige Sphingolipide. Diese Sphingomyeline genannten Liposomen bauen auf dem Aminoalkohol Sphingosin auf.
Ein Liposom baut sich aus einer großen Anzahl von Phospholipiden auf. Dabei docken die wasserabweisenden Kohlenstoffenden von zwei Phospholipiden aneinander an, während die hydrophilen Köpfe der Fettsäuren nach außen zeigen.

Die Membran bildet sich durch eine nichtkovalente Bindung. Dadurch besitzen die Liposomen eine fluide Membran, die empfänglich für lipophile Substanzen ist.
Durch diese Eigenschaft sorgen die Phospholipide für den speziellen Aufbau der Liposomen mit der Doppelmembran. Sowohl außen als auch innen bilden die hydrophilen Köpfe die Oberfläche des Liposoms. Der innere Bereich des Liposoms hat somit ebenfalls eine wasserunlösliche Oberfläche, die durch die amphiphilen Eigenschaften des Vesikels vor äußeren Einflüssen gut geschützt ist. Dieser innere Bereich ist dann für die Aufnahme von lipophilen Substanzen geeignet.
Außerdem zeigen Liposomen aufgrund der Phospholipide eine besondere Verhaltensweise. Abhängig davon, in welchem Milieu sie sich befinden, verändert sich die Eigenschaft des gesamten Liposoms. Ein Beispiel ist das Verhalten in einer wässrigen Umgebung. Dann wendet sich der polare Kopf der Phospholipide zum Wasser hin. Gleichzeitig verhindert der unpolare Teil des Phospholipids, dass Wasser die Membran durchdringt. Dieses Verhalten, das für eine Barriere sorgt, wird auch als hydrophobe Wechselwirkung bezeichnet.
Wie verarbeitet und nutzt der Körper Liposomen und liposomale Nährstoffe?
Ein interessanter Aspekt von Liposomen ist, dass die Zellmembran den menschlichen Zellen sehr ähnlich ist. Das sorgt dafür, dass die Liposomen im Körper ganz besonders metabolisiert werden. So überstehen die Liposomen die Magensäure und wandern in dieser Form in den Dünndarm. Dies geschieht größtenteils, bevor sie aufgespalten werden. Hier erfolgt die Aufnahme von Nährstoffen über die Darmschleimhaut. Daran beteiligt sind Lecithin und Gallensäure, die natürlich im Dünndarm vorkommen. So entsteht in Verbindung mit den Liposomen eine Fettemulsion. Dadurch sind die Liposomen verkleinert und können nun vom Körper aufgenommen werden. Vom Dünndarm gelangen die Nährstoffe dann direkt in den Blutkreislauf und auch in das Lymphsystem.
Aufgrund dieser Eigenschaft, sowie des besonderen Aufbaus mit der Doppelmembran ist es möglich, im Inneren des Liposoms Fremdmaterial bis in den Dünndarm einzuschleusen. Diese Technik wird in der Medizin bei Arzneistoffen, aber auch bei Nahrungsergänzungsmitteln genutzt. Im Inneren des Liposoms sind dann Vitamine, Spurenelemente und andere Nährstoffe geschützt eingelagert. Außerdem gelangen die Mikronährstoffe so auch gezielt an den Ort, an dem sie ihren Nutzen am besten entfalten können.
Diess ist eine Besonderheit von Liposomen, die auch dafür sorgt, dass liposomale Nährstoffe sehr gut vom Körper aufgenommen werden können. Viele Vitamine und andere Mineralien gelangen nämlich nur schwer in den Blutkreislauf, da sie bereits im Magen zersetzt werden.

Geschützt durch ein Liposom steigt die Bioverfügbarkeit, da sie in größeren Mengen im Dünndarm verstoffwechselt werden können. Damit steigt auch die Wirkung von Arzneistoffen oder Nahrungsergänzungsmitteln, die oral aufgenommen werden. Die höhere Bioverfügbarkeit wurde auch in einer Studie zur oralen Aufnahme als Drug-Delivery-System nachgewiesen.[1]
Wo kommen Liposomen vor?
Liposomen kommen überall in der Natur vor. Die meisten tierischen und pflanzlichen Zellen besitzen Vesikel, die so aufgebaut sind. In Form von Phospholipiden finden sich diese Vesikel zum Beispiel in der Gallenflüssigkeit und auf der Oberfläche der menschlichen Lunge. Lecithin ist ein weiteres, häufig anzutreffendes Liposom. Es findet sich in unterschiedlichen Varianten in pflanzlichen und tierischen Zellen, vor allem in Ölen, Samen und auch Eidotter. Lecithin zählt zu den Emulgatoren, ist also ein Stoff, der dabei hilft, Wasser und Fett zu einer Emulsion zu verbinden. Ohne einen Emulgator lassen sich diese beiden Stoffe sonst nicht stabil miteinander verbinden.
Dieser Effekt ist wiederum auf die Liposomen sowie speziell auf die Funktion der Phospholipide zurückzuführen. Die Amphiphilie erlaubt es, dass die Phospholipide sich sowohl in Wasser als auch in Fett gut lösen und Verbindungen mit beiden Stoffen eingehen können. Dadurch ist Lecithin in der Lage, sowohl eine stabile Verbindung mit den Fetten als auch mit dem Wasser einzugehen, und verbindet so die beiden Stoffe miteinander. In dieser Funktion arbeitet das Lecithin auch im menschlichen Dünndarm, wenn es Lipide auflöst und so für die Aufnahme im menschlichen Organismus bereit macht. Das geschieht auch mit den Liposomen sowie den liposomalen Nährstoffen.
Darüber hinaus werden Liposomen auch in der Biotechnologie nachgebaut. Auf Basis dieser Technologien entsteht eine Reihe von liposomalen Produkten. Bei denen der Aufbau der Liposomen genutzt wird, um Wirkstoffe zu schützen. Diese sind im Inneren des Liposoms integriert und überstehen so die aggressive Phase während der Verdauung im Magen. Neben Arzneimitteln kommt diese Methode auch bei Produkten wie liposomalen Nahrungsergänzungsmitteln zum Einsatz. So sind die liposomalen Nährstoffe geschützt und gelangen direkt in den Blutkreislauf, was eine hohe Bioverfügbarkeit ermöglicht.
Quellen:
[1] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26768542/
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